Antisemitismus in der Schule

Immer wieder sieht und hört man von jüdischen (und nichtjüdischen Schülern), die Antisemitismus in der Schule erfahren. Oft wird von Schülern berichtet, die beispielsweise ‚Du Jude‘ als ein gängiges Schimpfwort benutzen.

Im Kurzfilm Masel Tov Cocktail wird die Geschichte von einem jüdischen Schüler erzählt, der blöden Sprüchen, Vorurteilen und auch Erwartungen ausgesetzt ist. Es geht aber auch darum, dass er reagiert. (Den ganzen Film kann man -leider nur gegen eine kleine Leihgebühr- hier abrufen…)

An Schulen sind viele involviert, wenn es um Antisemitismus geht: Schülerinnen und Schüler, die Antisemitismus erfahren, andere, die antisemitisch handeln und solche, die daneben stehen. Auch Lehrkräfte können antisemitische Einstellungen haben – und diese vermitteln. In der Regel aber sollten sie Vertraute sein.

Wir alle leben hier, Deutschland ist bunt. Weder religiös, noch rassistisch oder politisch sollten Jüdinnen und Juden Anfeindungen ertragen müssen. Wir alle müssen daher dafür sorgen, dass Juden und Nichtjuden in Deutschland friedlich miteinander leben können.

Am Wichtigsten für die Bekämpfung von Antisemitismus in der Schule ist:

Antisemitismus erkennen – Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte müssen dazu wissen, was Antisemitismus ist.
Antisemitismus benennen – antisemitische Aussagen und Handlungen dürfen nicht unter den Tisch gekehrt oder mit „ist doch nicht so schlimm“ abgetan werden.
Auf Antisemitismus reagieren – die Betroffenen nicht damit alleine lassen, sondern entweder eingreifen oder Hilfe holen.

Zunächst ist die Institution Schule am Zug: Schulen müssen im Unterricht über Antisemitismus aufklären. Das geht nicht nur inhaltlich, sondern muss auch darüber geschehen, dass sie in den Klassen eine Atmosphäre schaffen, die ein offenes Miteinander ermöglicht. Außerdem sollten Schülerinnen und Schüler Argumentationshilfen trainieren, um im konkreten Fall selbst gut reagieren zu können.

Ein Beispiel zu einer Unterrichtsgestaltung seht ihr hier. Die Amadeu Antonio Stiftung ist eine Organisation, die besonders auch den Kampf gegen Antisemitismus unterstützt. Es gibt davon einige in Deutschland, meist zumindest in den größeren Städten.

 

Liest man, was eigentlich zu tun ist, verliert man schnell aus dem Blick, dass die Wirklichkeit oft anders ist. Natürlich sind die Bildung und das Eintreten gegen Antisemitismus im Klassenverband anzustreben, aber das antisemitische Erlebnis für den einzelnen Juden, ist etwas ganz Persönliches. Da bekommt ein Kind beispielsweise von der ehemals besten Freundin zu hören „Ich hasse alle Juden!“, ein anderes kommt nach Hause und erzählt, in Ethik habe der Lehrer gesagt, dass Jesus durch die Juden umgebracht worden sei und ein drittes erzählt, wie Mitschüler auf dem Schulhof zischen, wenn er vorbei geht. Sie machen das Geräusch von zischendem Gas nach, als Anspielung auf die Gaskammern der Konzentrationslager.

Für jüdische Schülerinnen und Schüler ist es in so konkreten Fällen dann doch gar nicht so leicht, sich an nichtjüdische Ansprechpartner zu wenden. Man wird zur Petze, muss sich erklären und würde, weil man sich als ‚Opfer‘ outet, Schwäche preisgeben. Möchte man das?
Gerade mit den gleichaltrigen Schülerinnen und Schüler etwa steht man bereits in einem sozialen Zusammenhang. Aus seiner Position heraus seine erfahrene ‚Verletzung‘ zu teilen, ist schon auch schwer.
Wendet man sich mit einer antisemitischen Stichelei an eine nichtjüdische Lehrkraft, hängt man den Vorfall und das eigene Jüdischsein natürlich ganz schön hoch. Also auch dieser Weg ist nicht so einfach.
Zudem ist die Kompetenz zum Judentum und Antisemitismus von nichtüdischen Schülern und Lehrkräften meist eine erlernte, die Handlungsempfehlung in der Praxis wenig erprobt.

Wenn jüdische Schülerinnen und Schüler nicht offener Gewalt oder extremen Äußerungen ausgesetzt sind, fragen sie sich in jeder Situation, welchen Schutz, welchen Rat und welches Verständnis sie konkret erwartet können und welche negativen Konsequenzen das Preisgeben hätte. Sie sehen sich gezwungen abzuwägen, ob das Anzeigen ein Mehrwert gegenüber dem Ertragen der Situation bietet. Und oft – leider – entscheiden sie sich, lieber den Mund zu halten.

Unbedingt sollten Betroffene mit ihrer Familie sprechen! Es ist ein anderes Verständnis zu erwarten und gemeinsam können Handlungsmöglichkeiten besprochen werden – etwa die anderen Schüler oder Lehrkräfte einzubeziehen. Jede antisemitische Situation ist anders, auch erwachsene Jüdinnen und Juden sind immer wieder baff, was ihnen neu an unterschwelligen oder offenen antisemitischen Äußerungen und Taten begegnet. Aber auf keinen Fall dürfen sie unwidersprochen bleiben!

Linktipps zum Thema:

Stop Antisemitismus – Antisemitische Zitate und wie man darauf reagieren kann
Das können Sie gegen Antisemitismus tun – Eine Zusammenstellung der Amadeu Antonio Stiftung
Aufstehen! Nicht aussitzen! – Einfache Werkzeuge zum Umgang mit Judenhass unter Jugendlichen
Jeder Vierte – Antisemitismus in Alltagssituationen deutscher Jüdinnen und Juden