Lebensereignisse

Im Judentum gibt es wie in jeder Religion verschiedene prägende Lebensereignisse. Los geht es sehr bald nach der Geburt, zumindest für Jungen.

Brit Milah

Ein Baby nach der Brit Milah, Foto: Zviya, wikicommons

Acht Tage nach der Geburt werden jüdische Jungen beschnitten, das heißt ein Teil ihrer Vorhaut wird entfernt. Die Beschneidung wird von einem Mohel vorgenommen, der dafür extra ausgebildet ist.

Die Brit Milah, wörtlich heißt das Bund der Beschneidung, ist ein Symbol für die Beziehung zwischen Gott und dem jüdischen Volk, ein sichtbares Zeichen für den Bund mit Gott.

Die allermeisten jüdischen Eltern lassen ihre Söhne beschneiden, auch wenn sie nicht streng religiös leben.

Bat Mizwa – Bar Mizwa

Jüdische Mädchen feiern mit 12 Jahren ihre Bat Mizwa, jüdische Jungen mit 13 Jahren. Damit gelten sie als erwachsen im religiösen Sinn. Ab diesem Alter haben sie alle religiösen Pflichten und Rechte, die auch ein Erwachsener hat und gelten dann auch als Teil des Minjans.

Die Bar Mizwa wird in der Synagoge gefeiert, denn an diesem Tag wird der 13jährige Junge erstmals zur Tora aufgerufen. Darauf hat er sich einige Monate vorbereitet und ist bei einem Rabbiner in Unterricht gegangen, so dass er den Wochenabschnitt der Tora in Hebräisch flüssig lesen kann. An diesem Tag legt der Junge auch zum ersten Mal den Gebetsschal und Tefillin an.

Tefillin Täschchen und Kippa

Du kannst hier hören, wie der israelische Junge Orian bei seiner Bar Mizwa liest. Er hatte es etwas einfacher, weil er ja schon Hebräisch spricht. Für jüdische Kinder in Deutschland ist es schwieriger, den hebräischen Abschnitt zu lesen. Orian liest den allerersten Abschnitt aus der Tora, Bereschit, von der Schaffung der Welt:

Bereschit bara Elohim et haSchamajim we’et haAretz.
WehaAretz hajeta Tohu waWohu weChoschech alPnej tehom weRuach Elohim merachefet alPnej haMajim.
WaJomer Elohim jehi or waJehi or.
WaJar Elohim et haOr ki tow waJawdel Elohim bejn haOr uwejn haChoschech.
WaJikra Elohim laOr Jom welaChoschech kara lajlah…

Im Anfang schug Gott den Himmel und die Erde.
Die Erde aber war bloß und bar, und Dunkel lag über dem Grund, und Gottes Windhauch wehte über die Wasser.
Da sprach Gott: „Es werde hell!“, und es ward hell.
Und Gott sah die Helle, daß sie gut war. Da schied Gott zwischen der Helle und dem Dunkel.
Und Gott nannte die Helle Tag, das Dunkel aber nannte er Nacht…

Im Anschluss darf oder soll der Junge noch eine kleine Rede halten und dann wird gefeiert, entweder in der Synagoge, mit der Familie oder eine große Party mit allen Freunden und Bekannten, jeder wie er will.

Mädchen sind mit 12 Jahren Bat Mizwa. Im orthodoxen Judentum gehen dann mehr religiöse Pflichten im Haushalt auf sie über. Im konservativen und liberalen Judentum werden auch Mädchen und Frauen zur Tora aufgerufen, was zum ersten mal bei ihrer Bat Mizwa passiert. Auch bereiten sich die Mädchen länger auf den großen Tag vor und gehen dazu in den Unterricht.

Bar und Bat Mizwa Kinder verbinden ihre Feier mit einer guten Tat. Dazu suchen sie sich zum Beispiel ein Projekt, einen Verein oder eine Initiative aus, die sie für unterstützenswert halten und spenden einen Teil des Geldes, das sie geschenkt bekommen dort hin. Oft sind sie auch schon vor ihrer Feier in ein wohltätiges Projekt involviert. Damit wird an das Prinzip der Tikkun Olam angeknüpft.

Hier kannst Du eine große Bar Mitzwa Feier in der orthodoxen Gemeinde Chabad von Hannover sehen:

Übrigens, wann genau die Bat/Bar Mizwa ist, hängt vom hebräischen Geburtsdatum ab. Der jüdische Kalender funktioniert ein bisschen anders, hier findest Du mehr dazu. Wenn Du Dein hebräisches Geburtsdatum wissen willst, kannst Du hier nachsehen.

Hochzeit

Heiraten ist im Judentum ein wichtiges Gebot, denn die Ehe ist die Voraussetzung, um eine Familie zu gründen. Auch Rabbinerinnen und Rabbiner heiraten und haben eine Familie, anders als etwa katholische Geistliche. Im nicht-orthodoxen Judentum werden auch gleichgeschlechtliche Paare getraut.

Die jüdische Hochzeit wird „Chuppa“ genannt, nach dem Traubaldachin, unter dem die Zeremonie stattfindet. Er symbolisiert das gemeinsame Dach der Familie, die neu gegründet wird. Am Tag der Hochzeit schließt das Paar einen Vertrag ab, eine Ketubah, der auch von zwei Zeugen unterzeichnet wird. In der Ketubah verpflichtet sich der Mann für seine Frau zu sorgen.

Eine jüdische Hochzeit in Wien, (c) Gryffindor, wikicommons

Unter der Chuppa werden sieben Segenssprüche gesprochen, die Brautleute trinken einen Schluck Wein und der Ehemann steckt seiner Braut einen Ring an den Finger (bzw. tauschen die beiden Ringe aus). Der Bräutigam zertritt am Ende ein Glas, das an die Zerstörung des Tempels in Jerusalem erinnert.

Und dann wird gefeiert und getanzt! Viel getanzt! Auf einer streng orthodoxen Hochzeit tanzen Frauen und Männer getrennt, ansonsten gemeinsam. Die Brautleute werden auf zwei Stühlen über die Köpfe gehoben und ausgiebig gefeiert.

Übrigens, falls die Ehe nicht glücklich ist, können sich Paare im Judentum scheiden lassen und jeweils wieder heiraten.

Tod und Trauer

Wie für alle Lebensereignisse hat das Judentum auch für den Tod genaue Gebote. Sie helfen beim Umgang mit dem Verlust und betreffen auch die Zeit der Trauer.

Sterbende bereiten sich auf den Tod mit Gebeten, dem Sündenbekenntnis und dem Schma Israel vor. Sie können dabei von einer Rabbinerin oder einem Rabbiner unterstützt werden.

Nach dem Tod halten Verwandte und enge Vertraute zunächst eine Totenwache. Die Familie setzt sich dann mit der Chewra Kadischa, der Beerdigungsgemeinschaft der Gemeinde, in Verbindung. Mitglieder der Gemeinde kommen, waschen den Leichnam und kleiden ihn in einfache weiße Kleidung. Im Tod sind wir alle gleich, so dass auch unsere Kleidung gleich sein sollte. Der Leichnam wird ohne weltlichen Besitz in einem einfachen Holzsarg beerdigt. Denn der Körper soll wieder zu seinem ursprünglichen Zustand zurückkehren, also zu Erde werden.

Die Beerdigung findet so schnell wie möglich statt, am besten noch am selben oder folgenden Tag. Im orthodoxen Judentum ist es üblich, als Ausdruck der Trauer, die Kleidung einzureißen. Während der Beerdigung wird das Kaddisch gesprochen, normalerweise vom nächsten Angehörigen. Nachdem der Sarg in die Erde gelassen wurde, können alle Anwesenden eine Schaufel Erde ins Grab schütten. Zum Abschluss wird das Gebet „El male rachamim“ gesprochen. Dieses Gebet wird auch an Todestagen und bei Gedenkfeiern gesprochen. Es ist ein eindringlicher Ruf an den „Gott voller Barmherzigkeit“.

Nach der Beerdigung beginnt die erste von drei Trauerphasen, die Schiwa. Sieben Tage lang nach der Beerdigung kommen Familie und Freunde im Haus der Familie zusammen und sitzen Schiwa. Sie gehen nicht zur Arbeit, Freunde und Angehörige kümmern sich um Essen und helfen mit den Besuchern, die kommen, um Anteil zu nehmen. Diese sieben Tage intensiver Trauer wird genutzt, um allen die Möglichkeit zu geben, Erinnerungen auszutauschen.

Im Anschluss daran stehen 30 Tage bis nach der Beerdigung, die Schloschim heißen (30 auf Hebräisch). Auch in dieser Zeit rasieren sich Männer nicht. Am Ende der 30 Tage kann der Grabstein gesetzt werden. Die Trauerzeit ist jetzt vorüber. Wenn die Mutter oder Vater gestorben sind, wird die Trauerzeit erst nach einem Jahr abgeschlossen. Am Todestag wird mit dem Zünden einer Kerze der Jahrzeit gedacht.

Auf jüdische Gräber werden keine Blumen abgelegt. Stattdessen bringen Besucher kleine Steine mit, die an die Zeit erinnern, als Juden in der Wüste wanderten und ihre Toten dort bestatten mussten. Steine symbolisieren außerdem die Unvergänglichkeit. Friedhöfe werden auch Beit Olam, Haus der Ewigkeit, genannt. Im Judentum werden alle Gräber für immer erhalten. Das hängt mit dem Glauben an die Auferstehung mit der Ankunft des Messias zusammen.

Oberer Teil der Inschrift auf dem Gedenkstein im jüdischen Friedhof in Alfter, (c) Prof. emeritus Hans Schneider (Geyersberg)