Lea in Prag

Von Ramona Ambs

Lea in PragWer wie Lea gerne etwas von der Welt sieht, der freut sich, wenn er mit den Eltern verreisen darf. Als endlich das erste Schuljahr vorbei und die Ferien da sind, geht es los. Nachdem sie sich lang und ausführlich von Anna und Meral verabschiedet hat, steigt sie mit den Eltern in den Zug nach Prag. Dort wohnt eine alte Schulfreundin von Mama.

Während der ganzen Zugfahrt erzählen Mama und Papa wie schön Prag sei, und wie nett die Freundin von Mama ist. Und sie sagen, dass es höchste Zeit ist, dass Lea Prag endlich kennenlernt, weil dort viel jüdische Kultur und Geschichte war. Lea wird vom vielen Zuhören müde und als sie endlich in Prag bei Mamas Freundin Slatka ankommen, ist Lea so erschöpft, dass sie gleich ins Bett fällt. In der Nacht träumt sie von einem großen Felsen, der plötzlich lebendig wird und nach ihr greift. Sie läuft weg und -wusch- fällt sie irgendwo runter. „Mama!“ ruft sie – und da steht Mama auch schon neben ihr. „Was ist denn los, Lea? Hast Du schlecht geträumt?“. Da erzählt Lea ihren Traum. Mama streichelt ihr den Rücken: ,,Da hast also vom Golem geträumt!“. ,,Golem?“ fragt Lea erstaunt. Aber Mama ist zu müde zum erklären. „Wir erklären Dir morgen, was Golem bedeutet“ sagt Mama und nimmt Lea mit zu sich ins Bett.

Am nächsten Tag gehen Mama und Papa mit ihr auf den alten jüdischen Friedhof. Papa zeigt ihr ein Grab: „Das ist das Grab von dem wundertätigen Rabbi Löw, Lea, und mit ihm hängt die Sage vom Golem zusammen. Der Rabbi hatte nach einer Zauberformel aus einem großen Lehmklumpen eine Figur geformt und ihr in die Stirn einen geheimen Namen Haschems eingeritzt, wodurch der Lehm zum leben erwachte und seinem Meister alle lästigen Dienste tat. Nur am Schabbes hat der Rebbe den Namen ausgewischt, so daß aus dem Wesen für die Zeit des Schabbats wieder Lehm wurde. Einmal, so sagt nun die Legende, hatte der Rabbi vergessen, den Namen auszuwischen, so dass der Golem am Schabbat noch den Namen auf der Stirn hatte, und sich nun gegen die Juden der Stadt wandte und vieles verwüstete. Erst am Schabbesende nahm der Golem wieder die Befehle seines Meisters an. Doch dieser sah nun, daß der Golem zu gefährlich war und hatte deswegen den Namen ausgewischt und die Zauberformel vernichtet. Seither gibt es keinen Golem mehr.“ Lea hat gespannt gelauscht. Nun schaut sie wieder auf das Grab, an dem viele Zettel stecken. „Das sind Wünsche, die der Rabbi erfüllen soll“, erklärt Mama. Lea findet die Geschichte sehr spannend.

Als sie den Friedhof verlassen sagt Lea zu Mama: „Eigentlich schade, dass er die Zauberformel vernichtet hat, ich könnte so einen Golem gebrauchen für die Hausaufgaben!“. „Ja, und ich für den Abwasch!“ kichert Mama, „aber eigentlich brauchen wir ihn nicht, Lea. Wir haben ja uns und wir helfen uns gegenseitig!“. Das findet Lea auch und dann dreht sie sich noch mal zum Friedhof um und flüstert in Richtung Grab: „Tschüs, Rebbe Löw, im Moment bin ich wunschlos glücklich, aber wenn ich mal ein Problem hab, und Mama, Papa, Tante Rivka , Opa‘ Meral und Anna mir nicht helfen können, dann schreib ich Dir auch so einen Zettel und dann hilfst Du mir, o.k. ?“.