Lea kommt in die Schule

Von Ramona Ambs

Wer wie Lea gerne Bücher anguckt, der freut sich wenn er in die Schule kommt und dort selbst lesen lernen kann. Heute ist es endlich soweit: Lea kommt in die Schule.

Den ganzen Morgen putzt ihre Mama schon an ihr herum und ermahnt sie hübsch artig zu sein. Papa hat Lea erklärt, dass die Schule ein neuer Lebensabschnitt sei und dass es da anders sein wird als im jüdischen Kindergarten, weil da vor allem nichtjüdische Kinder hingehen. Aber die Mama hat gesagt, dass auch andere jüdische Kinder in die Schule gehen und daSs sich Lea deshalb bestimmt nicht so alleine fühlen wird, auch wenn ihre Freunde aus dem Kindergarten jetzt nicht in ihrer Klasse sind.

Lea hat aber gar keine Angst. Sie drückt ihre rote selbst gebastelte Schultüte, die die Mama inzwischen heimlich mit allerlei Leckereien gefüllt hat, dicht an sich und versucht zu erschnuppern, was wohl drin stecken könnte. Aber das gelbe Krepppapier ist fest mit einer Schleife zugebunden. Man kann gar nichts riechen, geschweige den sehen.

Als sie in der Schule ankommen, stehen dort noch viele andere Kinder mit bunten Schultüten und viele feingemachte Eltern rum. Lea guckt sich alles sehr genau an. Dann werden sie in die Aula geholt. Der Rektor hält eine lange Rede. Lea langweilt sich, verhält sich aber ganz ruhig, weil man in der Schule ja still sitzen muss. Dann kommen die Viertklässler und spielen ein Theaterstück aus der Schule vor. Der Lehrer wird von Aaron gespielt, den kennt Lea aus der Synagoge.

Dann werden die Klassen eingeteilt. Lea kommt in die Klasse von Frau Schumann. Sie geht mit vielen anderen Kindern in ein Klassenzimmer. Die Eltern müssen draußen warten. Plötzlich wird sie von rechts am Ärmel gezupft. „Hallo, ich bin die Anna, willst Du dich neben mich setzen?“ fragt ein Mädchen mit dicken, blonden Zöpfen. Lea legt den Kopf schief, wie sie es sich von Tante Rivka abgekuckt hatte. Die legt nämlich auch immer den Kopf schief, wenn es darum geht eine wichtige Entscheidung zu fällen.

Lea legt also den Kopf schief und sagt schließlich „Ja.“ Die beiden setzen sich an den Tisch nahe am Fenster. Anna packt ihre Schultüte aus und fragt: „Wie heißt Du denn?“ „Lea“, sagt Lea und spickt in Annas Tüte. Annas Tüte war über und über voll mit Bonbons und Schokolade. Lea traut sich nicht ihre Schultüte zu öffnen, Mama hatte ihr extra gesagt, sie solle warten bis nach dem Mittagessen. Da schiebt Anna ihr einen Schokoriegel zu. Lea isst ihn schnell auf. Anna steckt sich ein Bonbon in den Mund.

Dann ruft die Frau Schumann, dass jetzt alle mal ganz leise sein müssen und sie erzählt, was sie in der nächsten Zeit alles machen will. Anna und Lea gucken sich immer wieder an und lächeln. Endlich sagt die Lehrerin, dass sie jetzt nach Hause dürfen. Lea stürmt hinaus. „Tschüß Anna, bis morgen“, ruft sie noch, bevor sie schließlich mit Mama und Papa nach Hause geht. „Ich glaube, mir gefällt die Schule“, sagt Lea zu Papa, „und die Anna, die gefällt mir auch!“