Lea und das blöde Konzert

Von Ramona Ambs

Wer wie Lea gerne Musik hört, müsste sich eigentlich freuen, wenn am Abend ein Konzert ist. Lea aber freut sich ganz und gar nicht. Sie will nämlich an diesem Abend viel lieber zu Anna gehen, weil dort Familienfest ist und es jede Menge Kuchen gäbe und Annas Eltern sie auch eingeladen haben. Aber Leas Eltern wollen unbedingt mit Lea auf dieses Konzert heute Abend in der Synagoge. Papa kennt den einen Musiker aus seiner Studienzeit, sagt er, und außerdem sei es auch an der Zeit, dass Lea sich einmal mit Klezmermusik vertraut mache.

Lea hat überhaupt keine Lust. Doof, doof, doof, denkt sie, alles ist doof. Sie sitzt auf dem Mäuerchen im Schulhof und wartet auf Anna. Endlich kommt sie. Lea erzählt Anna, dass sie heute Abend nicht kommen darf, weil sie mit ihren Eltern auf ein Konzert muss. Anna ist genauso enttäuscht. Brummig schlendern sie über den Schulhof. Die Herbstsonne lässt die Schatten der Bäume auf dem Hof tanzen, doch die beiden Mädchen starren nur grimmig vor sich hin. Da hat Anna eine Idee: „Weißt Du was? Ich habs! Du kannst doch zu uns kommen.“ Lea guckt verständnislos rüber: „Wie soll das denn funktionieren?“ Anna stellt sich wichtig vor sie hin: „Also, Du musst einfach eine Zitrone mitnehmen!“ Lea legt ihren Kopf schräg und denkt nach. Sie versteht aber nicht, warum eine Zitrone die Lösung ihres Problems sein soll. Anna erklärt: „Das ist so, wenn ein Musiker mit einer Trompete oder einer Klarinette oder sonst so einem Gerät, in das man reinbläst, spielt und jemand sieht, der in eine Zitrone beißt, dann kann er nicht mehr spielen. Und wenn er nicht mehr spielen kann, dann wird das Konzert doch abgebrochen und Du kannst dann vielleicht doch noch kommen!“

Anna strahlt. Lea ist noch nicht überzeugt: „Woher weißt Du das?“ fragt sie ungläubig. „Von meinem Bruder und der spielt nämlich Trompete!“ triumphiert Anna. Lea nickt: „O.K., ich probiers, wenn ich mich trau…“

Als Lea am Abend mit ihren Eltern ins Konzert geht, hat sie eine Zitrone in der Tasche. Sie hat sich fest vorgenommen, kaum dass die Musik anfängt zu spielen, die Zitrone hervorzuholen und reinzubeißen. Lea hat Glück, die Eltern setzen sich mit ihr in die erste Reihe, „dann sieht mich der Klarinettenspieler besser!“ denkt Lea. Endlich kommen die Musiker auf die Bühne. Ein Mann mit einer Geige, einer mit einer Gitarre und endlich der mit der Klarinette. Das Publikum klatscht.

Dann spielt der Geiger den ersten langen Ton, der klingt, als ob irgendwo eine Katze lachen würde. Der Klarinettist bläst dagegen an und klingt wie ein Zug. Eine Katze fährt mit einem Zug durch die Landschaft denkt Lea und vergisst völlig, dass sie ja eigentlich in die Zitrone hatte beißen wollen. Das nächste Stück klingt so, als ob zwei Vögel durch eine Wolke tanzen. Die Musik wird immer schneller und schöner und Lea ist richtig enttäuscht, als das Konzert zu Ende ist. Erst am nächsten Morgen erinnert sie sich an die Zitrone in ihrer Rocktasche. Sie bringt sie heimlich in die Küche zurück, wo sie sie am Vortag geholt hatte. Nächstes Mal, denkt sie, nehm ich Anna mit. Diese Musik ist viel besser als Kuchen!!!