Von Ramona Ambs
Wer wie Lea liebe Großeltern hat, freut sich, wenn diese zu Besuch kommen. So gehts auch Lea. Den ganzen Tag hüpft sie schon singend durch die Wohnung, „Sie kommen, sie kommen, Schalim, Schalim, Schalom!“ Ein bis zweimal im Jahr kommen die Großeltern und bleiben über Schabbat. Und heute ist es wieder soweit: Sie kommen.
Lea hat vor lauter Freude ihrer Mama geholfen, die Wohnung zu putzen, und das Gästezimmer für Sabba und Sawta herzurichten. Doch nun gibt es nichts mehr zu tun und es heißt nur noch warten. Endlich klingelt es. Lea stürmt zur Türe. „Oma, Opa Hallo..Schalom..Hallo!“ Doch als sie die Tür öffnet steht da nur der Briefträger, der von Mama eine Unterschrift für irgendeinen blöden Brief will. Lea setzt sich in ihr Zimmer. Sie hat eine Idee. Sie wird noch schnell ein Willkommensschild für die beiden malen. Doch dazu kommt es nicht mehr, kaum ist der Briefträger weg, stehen die Großeltern in der Türe.
Das ist eine Freude! Die beiden geben Lea ein Geschenk, es ist ein Springseil mit schönen roten Holzgriffen! Alle setzen sich und trinken Tee und essen Kuchen. Dann stellt Mama das Schabbesessen in den Backofen, damit es warm bleibt und alle machen sich hübsch, denn sie wollen zusammen in die Synagoge. Schließlich sind alle soweit- alle außer Opa. Der findet seine blausamtene Krawatte nicht in seinem Koffer und brummelt deshalb vor sich hin. Es wird beschlossen, dass Papa, Mama und Oma schon mal losgehen. Lea soll dann mit Opa nachkommen. Lea findet das toll, mit Opa alleine zu sein, obwohl er gerade ganz unglücklich aussieht. „Weißt Du Lea, es ist wichtig, dass man sich am Schabbes hübsch macht und ich bin mir sicher, dass ich die Krawatte eingepackt habe.“
Er beugt sich wieder über den Koffer, den er nun schon dreimal ausgeräumt hat und da passiert es. Opa zuckt zusammen und schreit ganz laut: „Auuua!“ Lea guckt ihn erschreckt an, denn er verharrt in der gebeugten Haltung über dem Koffer. „Oi weh, oi weh, ausgerechnet jetzt! Hexenschuss. Dieser Rücken müßte dringend saniert werden!“ jammert Opa und versucht ein Lächeln. Er bemüht sich aufrecht zu stehen, kommt aber kein bißchen hoch.
Er denkt nach. Das kann Lea immer daran erkennen, daß seine runzlige Stirn Wellen wirft. „Jetzt hilft nur noch eins!“ sagt er. „Lea, ich stell mich hier an den Türrahmen und Du nimmst Anlauf und springst mit aller Wucht auf meinen Tuches, O.K.?“ Er geht in gebeugter Haltung ächzend zum Türrahmen und hält sich fest. Lea rennt an das andere Ende des Zimmers. „Achtung!“ ruft sie, „ich komme“, und rennt und rennt und springt direkt auf den Opa drauf, so dass beide lachend umfallen. Doch dann steht der Opa auf, wackelt etwas mir den Hüften und sagt: „Danke meine Kleine, Du hast mir sehr geholfen! Dafür gehn wir beide am Sonntag ganz alleine Eis essen!“ Lea nickt befriedigt: „Von mir aus kannst Du öfter Hexenschuss kriegen, das macht richtig Spaß!“ Opa lächelte gequält.
Und dann entdeckt Lea auf dem Boden unter dem Sessel Opas blaue Krawatte. „Ha, von wegen Hexe, Haschem hat Dir den Schmerz geschickt, damit wir auf dem Boden nach Deiner Krawatte suchen sollen, hier ist sie nämlich!“ Opa strahlt: „Na dann können wir ja endlich gehen!“