Von Ramona Ambs
Wenn Levi leckere Sachen sieht, hat er immer sofort Hunger. Heute ist so ein Tag. es ist nämlich Erew Rosh HaShana und auf dem großen Tisch im Wohnzimmer stehen schon geschnittene Äpfel bereit und leckerer Honig in Glasschälchen. Auf einem anderen Teller liegen Honigplätzchen und aus der Küche zieht der Duft von Apfelkuchen herein.
Levi weiß gar nicht in welche Richtung er schnuppern soll, weil es von überallher so lecker duftet. Er schleicht sich an den Tisch heran und will eben mal nach einem Honigplätzchen greifen, da hört er Mama rufen: „Levi, dass Du mir ja nicht schon an den Tisch gehst und rumnaschst! Wir warten bis Papa aus der Synagoge zurück ist, hast Du gehört?!“ Levi zieht erschrocken die Hand zurück. Mama ist nirgends zu sehen. Doof, denkt Levi, die merkt immer alles, auch wenn sie gar nicht dabei ist. Und dieses Warten ist sooo langweilig.
Er geht rüber zum Regal und holt das Schofar raus. Er pustet mit aller Kraft rein, aber es kommt überhaupt kein Ton raus. Er stellt es wieder zurück und nimmt sich fest vor in sein Zimmer zu gehen und dort zu warten, damit er nicht die ganze Zeit die leckeren Sachen riechen muss. Schließlich hat Mama ihm erklärt, dass man vor Rosh HaShana besonders brav sein soll. Aber noch während er daran denkt, kriecht ihm der Duft von Zimt in die Nase und zieht ihn rüber an den Tisch. Es fällt bestimmt nicht auf, wenn ich mir nur ein Honigplätzchen nehme, denkt Levi und steigt auf den Stuhl, um besser an den Plätzchenteller zu kommen.
Er greift nach einem Plätzchen – und da passiert es: Er verliert den Halt auf dem Stuhl, wackelt und kippt auf die Seite und mit seinem Ellenbogen direkt in ein Honigschälchen. Es ist eine Riesenschweinerei.
Und natürlich kommt in diesem Moment Mama rein. Mama sieht sehr wütend aus und schimpft: „Oh Levi, kann man sich denn gar nicht auf dich verlassen?“ Levi schämt sich. Er steht auf den Stuhl, sein Arm ist voll klebrigem Honig, die Tischdecke ist versaut und Mama ist sauer. Sie zieht ihm sein Hemd aus und räumt den Tisch ab. Levi zieht sich einen neuen Pulli an.
Bedrückt geht er nach draußen. Er weiß genau, dass Mama ihn jetzt nicht helfen lässt. Sie muss sich ja jetzt beeilen. Er fühlt sich ganz traurig. Doch dann hat er eine Idee. Er läuft zum Spielplatz an der Ecke und sucht nach den schönsten Blumen, die dort wild blühen.
Bald hat er einen Blumenstrauß für Mama. Er rennt damit zurück und geht zu Mama: „Entschuldigung!“ sagt er und Mama nimmt ihn in die Arme. Jetzt ist alles wieder in Ordnung!